Beitragserhöhungen? Genauer hinschauen lohnt sich!

Die Behandlungskosten im Gesundheitssystem steigen im Allgemeinen stetig an, womit ebenfalls die Beiträge zur Krankenversicherung regelmäßig angepasst werden. Nicht zuletzt hat auch die Covid-Krise bei einigen Versicherungsträgern für Beitragserhöhungen gesorgt. Aber nicht immer sind die von privaten Krankenversicherungen festgelegten Beitragserhöhungen rechtlich wirksam und es werden zu hohe Beiträge eingefordert. In diesem Fall können zu Unrecht erfolgte Beitragserhöhungen rückwirkend geltend gemacht werden – und das bis zu drei oder sogar 10 Jahre im Nachhinein. Welche Möglichkeiten zu dazu hast, erfährst du im folgenden Beitrag.

 

Wie aus dem Lehrbuch

Diese Geschichte klingt fast schon wie ein Beispielfall aus einem rechtswissenschaftlichen Lehrbuch: Max Meier hat unwissentlich in den letzten zehn Jahren viel zu hohe Versicherungsprämien bezahlt. In regelmäßigen Abständen wurde dem Versicherten postalisch mitgeteilt, dass seine Beiträge für das kommende Jahr mit sofortiger Wirksamkeit erhöht werden. Selbstverständlich hat er diese zunächst ohne Hinterfragen eingezahlt. Oft sind diese Beträge aber gar nicht so unwesentlich und über die Jahre können sogar etliche Summen zusammenkommen. Als Herr Meier wieder einen Bescheid zur Beitragserhöhung in den Händen hielt, wurde er skeptisch und suchte einen Anwalt auf. 

Und tatsächlich: Aufgrund mangelnder Begründung der Beitragserhöhungen waren diese unzulässig. Nach einer abgewehrten Zahlungsaufforderung wurde ein Klageverfahren eingeleitet, an dessen Ende Herr Maier mehrere tausend Euro an zu viel bezahlten Versicherungsprämien zurück erhielt – einschließlich Zinsen. Tatsächlich sind solche Fälle gar nicht so selten und es gab in den letzten Monaten gab es immer wieder entsprechende Gerichtsurteile.

 

Wie stelle ich fest, ob ich zu viel bezahlt habe?

Um gegen eine eventuell ungerechtfertigte Beitragserhöhung vorzugehen, müssen zunächst einige Punkte geklärt werden. Grundsätzlich sind die Versicherungen bei etwaigen Beitragserhöhungen gesetzlich dazu verpflichtet, Informationen über die Hintergründe vorzulegen. Wenn die Leistungsausgaben für tatsächlich beanspruchte Leistungen mehr als zehn Prozent der berechneten Leistungen insgesamt übersteigen, sind  Beitragserhöhungen grundsätzlich legitim. Jede Erhöhung muss also entsprechend begründet werden, wie zum Beispiel steigende Kosten für medizinische Behandlungen oder eine höhere Lebenserwartung seitens der Versicherten. Erfolgt dies nicht, könnte der Beitragszuschlag insbesondere bei niedrigeren Kostensteigerungen unwirksam sein. Dies ist allerdings meist nur im Rahmen eines Gerichtsverfahrens nachprüfbar.

Darüber hinaus bieten viele Versicherungen besonders günstige Neukundentarife an, bei denen die Prämie vor Vertragsbeginn zu niedrig kalkuliert werden. Wird anschließend eine Erhöhung durchgeführt, um auf die eigentliche Berechnungsgrundlage aufzustocken, kann das ebenfalls unwirksam sein. Deutlich erkennbar ist das dann, wenn deine Versicherung bereits zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Beiträge merklich anhebt.
Hat man insgesamt mehrere Jahre zu hohe Versicherungsbeiträge bezahlt, können rückwirkend bis zu mehreren tausend Euro an zuviel gezahlten Beiträgen zurückgefordert werden.

 

An wen kann ich mich wenden?

Hegst du Zweifel, ob die durchgeführten Beitragserhöhungen rechtens waren, solltest du zunächst einen Experten zu Rate ziehen. Mittlerweile gibt es einige Verbraucherzentralen und Rechtsanwaltskanzleien, die auf Verfahren gegen private Versicherungsträger spezialisiert sind – denn die Materie ist nicht ganz unkompliziert. Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass Anwälte und mögliche Klageverfahren immer mit relativ hohen Kosten verbunden sind.
Falls du über eine Rechtsschutzversicherung verfügst, musst du dir darüber keine Gedanken machen. Anders sieht es jedoch aus, falls du eine solche nicht hast: Hier solltest du mit deinem Anwalt oder dem Verbraucherschutz abklären, wie sich die Erfolgsaussichten sowie das Kostenrisiko für deinen Fall konkret gestalten. In Anbetracht der hohen Verfahrenskosten lohnt sich ein Klageverfahren meist nur dann, wenn diese über einen Rechtsschutz abgedeckt sind. Ansonsten könntest du zunächst dein Glück mit einer gut begründeten Zahlungsaufforderung deinerseits versuchen – eventuell gibt es seitens der Versicherung ein Entgegenkommen.

 

Welche Möglichkeiten gibt es noch?

Ist die Zahlungsaufforderung erfolglos und ein Klageverfahren aufgrund der hohen Kosten keine Option, bleibt dir immer noch die Möglichkeit, auf einen kostengünstigeren Tarif zu wechseln oder auch deinen Selbstbehalt zu erhöhen. Am Besten suchst du dazu für ein Beratungsgespräch bei deinem Versicherungsträger an, denn schließlich hast du jederzeit das Recht in einen anderen Tarif zu wechseln. Allerdings ist ein Umstieg auf den Standardtarif oder gar den Basistarif meistens mit großen Einschränkungen verbunden und oftmals nur eine Notlösung.

Prinzipiell steht dir auch ein Sonderkündigungsrecht ab dem Zeitpunkt zu, an welchem dir deine Versicherung die Beitragserhöhung mitgeteilt hat. Falls du erwägst, davon Gebrauch zu machen und gegebenenfalls wieder in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln, findest du in unserem Beitrag zum Sonderkündigungsrecht mehr Informationen zu deinen Möglichkeiten. Allerdings solltest du auch hier Vorsicht walten lassen – denn wenn du deine Versicherung kündigst, verlierst du voraussichtlich deine angesparten Altersrückstellungen. Außerdem musst du bei einem neuen Versicherer wieder einen neuen Anamnesebogen beantworten, der höhere Beiträge durch Risikozuschläge oder den Ausschluss von bestimmten Leistungen nach sich zieht. Ein Wechsel zu einer anderen privaten Versicherung ist daher nur in seltenen Fällen zu empfehlen.

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